Homepage » Industrie » China greift nach den Herstellern der Allgemeinen Luftfahrt

China greift nach den Herstellern der Allgemeinen Luftfahrt

Auf den Tag genau zwei Wochen vor der Eröffnung der AERO (9.-12. April 2025) wurde Flight Design, einer der ältesten deutschen Hersteller von Ultraleicht- und Leichtflugzeugen, von der chinesischen Gruppe Shang Gong übernommen. Die Liste der westlichen Hersteller von Flugzeugen der Allgemeinen Luftfahrt, die in chinesischem Besitz sind, hat sich in den letzten Monaten deutlich verlängert.

9.04.2025

Diamond Aircraft ist seit Ende Dezember 2017 in chinesischen Händen. Die Firma hat unter anderem die Diamond DA42 Twin Star entwickelt und gebaut. © Diamond Aircraft

Es ist die neueste Meldung aus diesem Bereich: Flight Design general aviation GmbH wird von einer chinesischen Gruppe übernommen. In diesem Fall Shang Gong, ein Investor, der nicht zum ersten Mal zuschlägt, da er es war, der 2017 den US-Hersteller Icon Aircraft kaufte, der gerade im Begriff war, unterzugehen.

Viele Jahrzehnte lang war Flight Design eines der industriellen Erfolgsmodelle der deutschen Luftfahrt. Das 1993 gegründete Unternehmen etablierte sich schnell auf dem Markt für dreiachsige Ultraleichtflugzeuge, insbesondere mit der CT-Reihe, und startete dann das Projekt eines zertifizierten Viersitzers.

Seit mehreren Jahren befand sich das Unternehmen in starken Turbulenzen. Die Verlagerung der Produktion nach Tschechien und in die Ukraine war nicht erfolgreich. Und schließlich meldete Flight Design Ende 2024 ein Schutzschirmverfahren an. Am 25. März 2025 gab das Unternehmen schließlich seine Übernahme durch den chinesischen Konzern Shang Gong bekannt. Dieser hatte sich in der Allgemeinen Luftfahrt einen Namen gemacht, als er Icon Aircraft, den amerikanischen Hersteller des ultraleichten Amphibienflugzeugs Icon 5, übernahm. Der Rettungsversuch war nur von kurzer Dauer, denn im April 2024 wurde Icon Aircraft unter Insolvenzverwaltung (Chapter 11) gestellt, bevor es einige Monate später von SG Investment, einem weiteren chinesischen Investor, übernommen wurde.

Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte das Amphibienflugzeug ICON A5 Ende Dezember 2023 in der Primary Category zugelassen. © ICON Aircraft

Seit China es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich westliche Flugzeugbauunternehmen unter den Nagel zu reißen, um die Entwicklung seiner (noch) embryonalen Luftfahrtindustrie zu beschleunigen, bleibt der größte Fang der Chinesen Cirrus Aircraft, die weltweite Nummer 1 bei hochwertigen einmotorigen Kolbenflugzeugen. Das 1984 von den Brüdern Alan und Dale Klapmeier gegründete Unternehmen wurde 2011 von China Aviation Industry General Aircraft (CAIGA), einer Tochtergesellschaft des staatlichen Konzerns China Aviation Industry Corporation (AVIC), aufgekauft.

Cirrus Aircraft ist Marktführer bei Hochleistungseinmots

Der neue Anteilseigner war klug genug, die DNA des Herstellers beizubehalten. Die Cirrus SR22 ist ein leistungsstarkes Flugzeug auf dem neuesten Stand der Technik, das dem Piloten und Besitzer das Leben leichter macht. Und trotz ihres Anschaffungspreises von 1,3 Millionen US-Dollar ist die SR22T ein Bestseller. CAIGA gab Cirrus auch die Mittel an die Hand, um die Entwicklung des einmotorigen SF50 Vision Jet fortzusetzen. Bisher wurden mehr als 600 Exemplare ausgeliefert.

Zu den großen Coups chinesischer Investoren gehört natürlich der US-Triebwerkshersteller Continental, der allein schon ein Monument der weltweiten Industriegeschichte ist. Der 2011 in den Besitz der chinesischen AVIC-Gruppe übergegangene Konzern feiert 2025 sein 120-jähriges Bestehen. In der Zwischenzeit wurde Continental Motors 2019 in Continental Aerospace Technologies umbenannt; eine Möglichkeit, sein Engagement für die Energiewende in der Allgemeinen Luftfahrt zu unterstreichen.

Im Jahr 2017 wurde entgegen allen Erwartungen auch der österreichische Flugzeughersteller Diamond Aircraft in chinesisches Kapital überführt. Das 1981 unter dem Namen Hoffmann Flugzeugbau gegründete Unternehmen, das 1992 von Christian Dries übernommen und in Diamond Aircraft umbenannt wurde, wurde schließlich an Wanfeng Aviation weiterverkauft, das nebenbei auch Eigentümer des österreichischen Triebwerkherstellers Austro Engine wurde, der auf Dieselmotoren spezialisiert ist.

Angesichts der dunkleren Wolken, die sich gerade am Himmel über der Allgemeinen Luftfahrt auftürmen, ist es wahrscheinlich, dass weitere Flaggschiffe der europäischen und amerikanischen Luftfahrtindustrie, aber auch Start-ups mit mehr oder weniger fortgeschrittenen Projekten in die Hände chinesischer Investoren fallen werden. Parallel dazu entwickelt China seine eigenen Programme, insbesondere im Bereich der Elektrofliegerei, wie die in Friedrichshafen ausgestellten elektrischen Leichtflugzeuge zeigen, von denen es jedes Jahr mehr und ausgereiftere gibt. Und auch wenn manche noch daran zweifeln und es bei den blassen chinesischen Kopien der TB20 belassen haben, sind chinesische Firmen mittlerweile zu vollwertigen Akteuren in der Allgemeinen Luftfahrtindustrie geworden. Die chinesischen Flugzeughersteller scheinen die gleiche Strategie wie die chinesischen Automobilhersteller zu verfolgen. Beide verfügen über erhebliche finanzielle Mittel, ihr Binnenmarkt ist riesig, sie haben die Unterstützung der Regierung und es mangelt ihnen nicht an Ehrgeiz. Zur Erinnerung: Anfang 2025 hat der chinesische Autohersteller BYD Tesla auf dem Markt für Elektroautos überholt.

Gil Roy

 

AERO 2025: Treffen Sie das Team von AeroBuzz auf der Messe in Friedrichshafen! Sie finden uns im Übergang von den Hallen A5 zu A6, Stand ÜO-01. Am 10. April um 11.00 Uhr Autogrammstunde mit Rainer Wilke!

 

Keine News mehr verpassen: Abonnieren Sie unseren Newsletter!

Folgen Sie uns auf Bluesky

Liken Sie uns auf Facebook

 

Schon gelesen? Weitere Berichte von der AERO 2025:

Weltpremiere des Pilatus PC-12 PRO in Friedrichshafen

AeroBuzz auf der AERO

Dovetail wird den Antrieb der Cessna Caravan elektrifizieren

Weltpremiere des Smartflyer auf der AERO

Textron Aviation kommt mit großem Aufgebot zur AERO

 

Über Gil Roy

zum Aerobuzz.de
Gil Roy hat Aerobuzz.fr 2009 gegründet. Er arbeitet seit 1981 hauptberuflich als Journalist. Sein Fachwissen in den Bereichen Allgemeine Luftfahrt, Luftverkehr und Nachhaltigkeit der Mobilität lassen ihn häufig als Autor in verschiedenen Fachpublikationen, aber auch in allgemeinen Medien (Air & Kosmos, l'Express, Aviasport...) erscheinen. Er ist Chefredakteur von Aerobuzz und Autor von sieben Büchern. Gil Roy hat den Literaturpreis des Aéro-Club de France erhalten und ist Träger der Médaille de l'Aéronautique.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..